In Kooperation mit der Technischen Universität München hat unser Förderpartner HateAid eine Studie veröffentlicht, die die Formen und Auswirkungen digitaler Gewalt gegen politisch engagierte Menschen untersucht. Nun wurden die Ergebnisse der Studie »Angegriffen & alleingelassen« vorgestellt. Die von April bis Oktober 2024 erhobenen Daten sind - gerade auch mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl – besorgniserregend. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) aller politisch engagierten Menschen gab an, digitale Gewalt in Form von Anfeindungen und Androhungen physischer Gewalt erfahren zu haben. Bemerkenswert ist, dass sich die Form der digitalen Gewalt bei Männern und Frauen stark unterscheidet. Während fast ein Viertel aller Frauen angibt, Androhungen sexueller Gewalt erhalten zu haben, betrifft dies nur drei Prozent der Männer.
Der Fokus der Befragung lag auf Politiker:innen, die auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene aktiv sind. Sie machten 67 Prozent der 1.114 Befragten aus, dahinter folgt die Gruppe der Aktivist:innen mit 19 Prozent. Zusätzlich wurden Journalist:innen, Wissenschaftler:innen, Influencer:innen und sonstige Parteimitglieder befragt.
Drastische Folgen vom Erleben digitaler Gewalt
Diese negativen Erfahrungen beeinflussen das Verhalten der Betroffenen: Laut HateAid-Studie verändert jede zweite politisch engagierte Person, die digitalen Hass erlebt hat, ihre öffentliche Kommunikation, sie schränkt die Nutzung von Social Media ein oder reduziert öffentliche Auftritte.
Digitaler Hass wirkt sich auch negativ auf politisches Engagement aus, wie 47 Prozent der Frauen und 34 Prozent der Männer beschreiben. Einige der Befragten ziehen sogar in Erwägung, ihre politische Arbeit ganz ruhen zu lassen, Abgeordnete haben aufgrund der ständigen Bedrohungen und gewaltsamen Nachrichten beschlossen, nicht mehr für die Bundestagswahl zu kandidieren. Das Fazit der Studie: »Digitale Gewalt gefährdet das politische Engagement in Deutschland.«
Die komplette Studie zum Nachlesen finden Sie hier oder auf der Website von HateAid.
Umso wichtiger: Unterstützung für Betroffene
Was HateAid in seiner neuen Studie auch herausstellt: Viele der von digitalem Hass Betroffenen wünschen sich mehr Unterstützung, um besser darauf vorbereitet zu sein und sich dagegen wehren zu können. 49 Prozent der Männer und 66 Prozent der Frauen machten in der Befragung deutlich, dass sie in diesem Bereich zu wenig Unterstützung bekommen.
Genau das ist Ansatz der Organisation JoinPolitics, ebenfalls Förderpartner der Schöpflin Stiftung. JoinPolitics hat es sich zur Aufgabe gemacht, politische Talente zu fördern und kommunikativ zu begleiten. Ein Fokus liegt darauf, Menschen Gehör zu verschaffen, die ansonsten kaum im politischen Raum vertreten sind. Dazu bietet die Organisation Bootcamps an, direkte Unterstützung durch einen Sparringpartner sowie Austausch im JoinPolitics-Netzwerk. Ein wichtiges Thema dabei: Kommunikation im digitalen Raum.
Im Vorfeld der Bundestagswahl hat JoinPolitics außerdem ein außerplanmäßiges Sofortangebot für Kandidierende aufgelegt. In den Workshops und Coachings bekommen politisch engagierte Menschen das notwendige Wissen und Handwerkszeug vermittelt, wie öffentliche Auftritte gelingen und worauf sie im Wahlkampf auf Social Media achten sollten. Wenn sie im Netz Bedrohungen oder Beschimpfungen ausgesetzt sind, erhalten die Teilnehmer:innen Unterstützung.
Reale Begegnungen stärken
Umso wichtiger ist es, Räume für die persönliche Begegnung und den Austausch zu schaffen und zu nutzen - für Politiker:innen und ihre Wähler:innen gleichermaßen. Reaktionen und Kritik fallen im echten Gespräch meist weniger harsch aus, Argumente differenzierter, wodurch sich konstruktive Lösungen leichter finden lassen. Genau davon lebt unsere Demokratie: von der Debatte darüber, welches die besten Lösungen für die Herausforderungen unserer Gesellschaft sind – und von den vielen Menschen, die auf Kommunal, Landes- oder Bundesebene ernsthaft und engagiert um ebendiese Lösungen ringen.