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Teil-Legalisierung Cannabis: Stellungnahme der Villa Schöpflin

Die Gesetzesänderung zur Teil-Legalisierung von Cannabis in Deutschland steht kurz bevor und wirft eine Vielzahl von Fragen und Debatten auf. Das Zentrum für Suchtprävention Villa Schöpflin ist seit vielen Jahren auf das Thema Cannabis spezialisiert und bietet verschiedene Cannabispräventionsangebote für Kinder und Jugendliche sowie deren Bezugspersonen an. Die Expert*innen der Villa Schöpflin haben in Anbetracht der angekündigten Teillegalisierung Stellung bezogen:

 

Grundsätzlich begrüßen wir die Entkriminalisierung des Cannabiskonsums. Allerdings ist die Teil-Legalisierung in Bezug auf unsere Hauptzielgruppen kritisch zu betrachten, denn Studien weisen darauf hin, dass das adoleszente Gehirn anfälliger auf Substanzen und Rauschmittel ist, da es sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Es macht also einen deutlichen Unterschied, ob Erwachsene oder Jugendliche Cannabis konsumieren. Der Konsum unter Kindern und Jugendlichen sollte nicht als harmlos eingestuft werden. Daher würde es Sinn machen, den Erwerb von Cannabisprodukten im Falle eines kontrollierten Umgangs vor dem vollendeten 21. Lebensjahr zu untersagen.

Es besteht die Gefahr, dass die regulierte Abgabe von Cannabis fälschlicherweise den Eindruck vermittelt, dass Cannabiskonsum harmlos sei. Zudem bleiben derzeit viele Fragen offen. Insbesondere gibt es Unklarheiten bezüglich der Konsumgrenzen und deren Auswirkungen auf den Straßenverkehr sowie der effektiven Überprüfung und der Einhaltung des Jugendschutzes. In der Prävention steht eins fest: Das Vorbildverhalten von Bezugs- und Betreuungspersonen ist enorm wichtig. Wie wird damit umgegangen, wenn diese nach Verabschiedung des Gesetzes legal konsumieren? Dies muss diskutiert werden und es braucht eine Sensibilisierung und ein klares Rollenverständnis.

Laut der aktuellen Studienlage aus Ländern, in denen Cannabis bereits legalisiert wurde, erhöht sich die subjektive Verfügbarkeit von Cannabis für Kinder und Jugendliche. Dies führe nicht zwingend zu einem kurzfristigen Anstieg des Konsums im Jugendalter. Allerdings zeigen Studien mit einem längeren Beobachtungszeitraum einen stärkeren Anstieg des Cannabiskonsums bei Jugendlichen in Staaten mit legalen Märkten als andernorts. [Mantey J et al., Technischer Bericht. Auswirkungen der Legalisierung von Cannabis. Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) in Hamburg. 2023] Der Beratungsbedarf ist kontinuierlich hoch, da häufig konsumierende Jugendliche und deren Familien unter den Folgen leiden. Wir gehen davon aus und hoffen, dass einhergehend mit der regulierten Abgabe das Thema in Familien mit Hilfebedarf weniger stark tabuisiert und das Aufsuchen von Hilfen niedrigschwelliger wird und rechnen mit einem steigenden Bedarf an Präventionsmaßnahmen. 

 

Zusammengefasst geben wir im Zuge der Gesetzesänderung folgende Empfehlungen ab:

  • Da sich das adoleszente Gehirn noch in einer nicht abgeschlossenen Entwicklungsphase befindet, sollte der Erwerb von Cannabisprodukten im Falle eines kontrollierten Umgangs vor dem vollendeten 21. Lebensjahr untersagt werden.
  • Der Verkauf sollte ausschließlich durch staatlich zertifizierte und geschulte Stellen erfolgen.
  • Es benötigt ein realisierbares und funktionierendes Jugendschutzgesetz.
  • Das Umsetzen von Maßnahmen zur Einhaltung des Jugendschutzgesetzes ist unumgänglich.
  • Um einer Suchtentwicklung frühzeitig entgegenzuwirken, empfehlen wir, konsumierende Jugendliche unmittelbar an Beratungsstellen weiterzuleiten.
  • Maßnahmen zur Cannabisprävention, vor allem im Setting Schule, müssen intensiviert und flächenübergreifend angeboten werden. Neben den Schülerinnen und Schülern sollen auch deren Erziehungsberechtigte zu möglichen Auswirkungen des Cannabiskonsums aufgeklärt werden.
  • Wir empfehlen eine Erweiterung des Nichtraucherschutzgesetzes, um insbesondere Minderjährige zukünftig vor möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Nikotin und THC zu schützen.
  • Das Bewerben von Cannabisprodukten sollte untersagt werden, um den Anreiz von Cannabiskonsum für Nichtkonsumierende einzuschränken.
  • Wir begrüßen die Entkriminalisierung von Cannabiskonsumierenden.
  • Aufgrund steigender Bedarfe müssen die Beratungs- und Präventionseinrichtungen mit mehr personellen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

 

Wir als Expert*innen sind spezialisiert und vorbereitet, mit diversen Zielgruppen zu arbeiten. Wir wissen, wie Widerstände abgebaut und Brücken aufgebaut werden und verfügen über jahrelange Expertise und Fachwissen. Unsere Cannabispräventionsangebote sind breit aufgestellt und auf dem neusten wissenschaftlichen Stand. Wir bieten Beratung und Begleitung von konsumierenden Jugendlichen und deren Familien; evaluierte interaktive Schulklassenworkshops, Schulungen für Fachkräfte und Informationsveranstaltungen für Eltern und andere Erziehende. Im Auftrag des Landkreises Lörrach bieten wir diese Leistungen im gesamten Landkreis an. Insbesondere bei den Schulklassenworkshops können jedoch nicht alle Anfragen abgedeckt werden. Durch die geplante Gesetzesänderung sind die Anfragen nochmals stark gestiegen. In erster Linie braucht es keine neuen Angebote, sondern eine Stärkung der vorhanden wirksamen Angebote (Erhöhung der Ressourcen für Prävention). Dass der Druck aufgrund der Gesetzänderung gerade hoch ist und die finanzielle Situation in Kommunen und Städten angespannt ist, ist ein Dilemma. Auch wenn es nachvollziehbar ist, dass nach alternativen Lösungen gesucht wird, sollte Cannabisprävention mindestens unter Einbezug von Expert*innenumgesetzt werden. 

 

Mehr Informationen zum Thema Cannabisprävention der Villa Schöpflin unter: www.villa-schoepflin.de/thema/cannabis.html

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