Projekt »Together Foundation« | Foto: Lucia Hofmaier
von Tim Göbel
Philanthropie muss sich verändern, so wie sich die Gesellschaft kontinuierlich verändert. Vor fünfzehn Jahren stand die Positionierung des eigenen Markennamens von Stiftungen noch im Vordergrund sowie die unmittelbare Verwirklichung von Projekten, die eine bestimmte Zielgruppe im Blick hatten und dort einen positiven Wandel herbeiführen sollten. So wurde beispielsweise Musikunterricht an Nachmittagen für Kinder aus sozial benachteiligten Familien gefördert. Einige Jahre später richteten Stiftungen ihren Fokus eher auf großangelegte Leuchtturmvorhaben, die anschließend von der Politik übernommen werden sollten. Stiftungen unterstützen dabei jedoch meist nicht im Kollektiv, sondern überwiegend mit ihren eigenen finanziellen Mitteln zivilgesellschaftliche Organisationen, was weder zur schnellen Lösung komplexer gesellschaftlicher Probleme beiträgt noch nachhaltig ist. Wie aber wollen Philanthrop*innen zukünftig agieren und wie soll das »Geben« in der Stiftungswelt gestaltet werden? Wie sollen gesellschaftliche Probleme von Stiftungen, bestenfalls in kurzer Zeit, gelöst werden? Und wie hat die Gleichzeitigkeit von multiplen Krisen den Blick auf Philanthropie und die Dringlichkeit von gesellschaftlicher Unterstützung in Zeiten von Transformation verändert? Das sind Fragen, mit welchen wir uns als Schöpflin Stiftung aktuell auseinandersetzen. Denn für uns bedeutet »systemisch« Wirken immer auch, den Kontext, in dem wir Arbeiten, zu reflektieren und dazu beizutragen diesen aktiv weiterzuentwickeln.
Daher haben wir – gemeinsam mit vier sehr vertrauten Partnerorganisationen – ein Experiment gewagt: Was passiert wenn man 35 Personen, darunter etablierte Stifter*innen und Vertreter*innen aus Stiftungen, Startup-Unternehmen, Sozialunternehmen sowie Politik und Verwaltung 24 Stunden an der Havel auf dem platten Brandenburger Land zusammenbringt und viel Zeit für ein intensives Kennenlernen, für Gespräche und für kleine Impulse lässt? Kann daraus eine Wirkung für die Gesellschaft entstehen hin zu mehr kollektivem »Geben«?
Vertrauen und Beziehung: Die »Bande«
Seit vielen Jahren unterstützen wir das Sozialunternehmen ProjectTogether, das mittels thematischer Missionen zu Themen wie klimagerechte und nachhaltige Landwirtschaft, Unterstützung von Geflüchteten und dem Entgegenwirken des Fachkräftemangels in Deutschland zivilgesellschaftliche Akteur*innen, Politik und Wirtschaft zum gemeinsamen Handeln motiviert, um innovative Lösungen für die drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit in die Umsetzung zu bringen. Auch Markus Hipp, Vorstandsmitglied der BMW Foundation Herbert Quandt, fördert ProjectTogether intensiv seit Gründung des Sozialunternehmens durch Henrike Schlottmann und Philipp von der Wippel im Jahr 2015. Die BMW Foundation inspiriert Führungspersönlichkeiten weltweit, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und sich als Responsible Leaders für eine friedliche, gerechte Welt einzusetzen. Die Schöpflin Stiftung und die BMW Foundation verbindet neben der finanziellen Unterstützung von ProjectTogether eine Vielzahl an Anschubfinanzierungen von Netzwerkorganisationen wie beispielsweise SEND e.V., dem 2017 gegründeten Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschlands. Komplettiert wird die Runde durch die recht neue Famtastisch Stiftung der Unternehmerfamilie Viegener – hier Geschäftsführer, Michael Viegener und operative Leitung, Caroline Wetzke – welche gemeinsam das Ziel der Neuausrichtung des Ernährungssystems verfolgen und somit eine gesundheitsfördernde Ernährung für die Gesellschaft anstreben. Darüber hinaus ergänzt Mirjam Stegmaier von MSR Social Impact, einer ganzheitlichen Spenden- und Stiftungsberatung, die Runde. Von unserer Seite waren unser Stifter Hans Schöpflin, die Programmverantwortliche für Wirtschaft & Demokratie, Dorothee Vogt sowie unser Geschäftsführer Tim Göbel bei diversen Gesprächsrunden mit der Geschäftsführung und der Kollegin Vanessa Gstettenbauer von ProjectTogether sowie allen weiteren oben genannten Parteien dabei. Die Frage, wie mehr philanthropisches Kapital für die gesellschaftliche Transformation erreicht werden kann, war bei unserem Austausch stets zentral.
Ausprobieren, Reflektieren, Weitermachen
Im Sinne des »rapid prototyping« veranstalteten wir im Herbst und Winter 2022 insgesamt drei »Salon-Abende« in Hans Schöpflins Berliner Wohnzimmer. Eingeladen waren sowohl NGO-Aktivist*innen und Sozialunternehmer*innen aus den gemeinsamen Netzwerken der fünf Initiator*innen als auch Vermögens-Erb*innen (»nextGen«) und Start-up Unternehmer*innen, die sich philanthropisch engagieren wollen. Bei diesen Salon-Abenden stand das Kennenlernen und das Teilen von Fördererfahrungen im Vordergrund. Der Fokus lag dabei immer auf dem gemeinsamen Geben, also dort, wo Stiftungen oder vermögende Privatpersonen Mittel zusammenlegen und zusammen soziale Organisationen oder Kampagnen finanziell unterstützen. Die Hypothese dahinter: wenn wir uns gut kennen, Vertrauen zueinander haben, dann fällt die Zusammenarbeit leichter. Und wenn wir zusammenarbeiten, dann können wir mit Philanthropie mehr Wirkung erzielen.
Wir haben viel gelernt im Verlauf dieser Salon-Abende und es wurde immer klarer: Wir brauchen mehr Zeit, wir brauchen ein echtes Philanthropie 3.0 Gathering!
Kollektiv Geben
So luden wir in diesem Jahr fünf Initiator*innen nach Paretz ein und verbrachten dort als Gruppe 24 Stunden. Am Ende war einiges entstanden: neue Beziehungen, geteiltes Wissen und vor allem der Entschluss, zukünftig enger an gesellschaftlichen Problemlösungen arbeiten zu wollen. Die großen Themen lassen sich nur gemeinsam angehen, und es muss viel Kapital gebündelt werden. So wird die neue Initiative namens »Together Foundation« ein Kollektiv an Menschen sein, welches seine finanziellen und nicht-finanziellen Ressourcen für die Transformation einsetzen möchten - den Übergang ins Neue zu finanzieren. Die Together Foundation wird Mittel zusammenbringen, sich gemeinsam für eine risikoorientierte und gesellschaftspolitisch engagierte Philanthropie einsetzen und voneinander lernen. Von zentraler Bedeutung werden für die Together Foundation tiefe menschliche Beziehungen sowie der Wert »Vertrauen« sein. Deshalb wird es zukünftig neben kleinen einzelnen Veranstaltungen, mehrmals jährlich Together Foundation Gatherings geben, zu denen auch immer wieder neue Interessent*innen herzlich eingeladen sind.
Haben Sie Interesse am »gemeinsamen Geben«? Dann melden Sie sich gerne bei uns unter: tim.goebel@ schoepflin-stiftung.de
Dieser Beitrag ist in unserem Newsletter vom Juli 2023 erschienen. Keine Ausgabe mehr verpassen? Hier geht es zur Newsletter-Anmeldung.