Rebalancing Power Conference | Foto: Christian Mang
Tagungsbericht von Max Bank (LobbyControl) und Nelly Grotefendt (Forum Umwelt und Entwicklung)
Die immense Macht von Internetplattformen beunruhigt derzeit viele Gemüter. Das gilt nicht nur für kritische Teile der Zivilgesellschaft, das gilt auch für politische Entscheidungsträger*innen. Das gilt für die Gesellschaft als Ganze. Dabei stellen Google, Amazon & Co nur die Spitze des Eisbergs dar. Auch in anderen Branchen, wie dem Finanz- oder Agrarsektor oder im Pharmabereich bedroht die Marktmacht großer Unternehmen, gepaart mit deren Lobbyeinfluss, demokratische Entscheidungsprozesse. Um dieser Marktmacht entgegenzuwirken, braucht es deshalb dringend zusätzliche Instrumente gegen Marktkonzentration übergroßer Unternehmen.
Zusammenkunft aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Praxis
Um dafür den Anstoß zu geben, haben LobbyControl und das Forum Umwelt und Entwicklung zentrale Akteure aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Praxis Mitte Mai zum Austausch zusammengebracht. »Rebalancing Power: From Corporate Monopolies to Democratic Economies« hieß die Tagung, die dank der Unterstützung der Schöpflin Stiftung zustande kam. Die Idee dazu entstand im Rahmen des Initiativkreises der Stiftung.
Breite, internationale Beteiligung
Die rund 80 Referent*innen und Teilnehmer*innen waren aus den USA, aus ganz Europa und zum Teil sogar aus dem globalen Süden, unter anderem von den Philippinen und Mexiko, nach Berlin angereist. Am ersten Tag tauschten wir uns intensiv über die Ursachen von Konzernmacht- und Einfluss aus, um dann am zweiten Tag gemeinsam Instrumente zu deren Begrenzung zu entwickeln und uns über ihre Möglichkeiten auszutauschen.
Neue Impulse durch die US-Antitrustbewegung
Neben klassischen Ansätzen wie der Besteuerung und der Demokratisierung von Unternehmen von innen brachten Akteure der US-Antitrustbewegung neue wettbewerbspolitische Ansätze als Impulse zur Begrenzung von Konzernmacht vor. Zu Gast waren prominente Vertreter*innen der Bewegung, darunter Barry Lynn, Direktor des Open Markets Institute, Zephyr Teachout, Rechtsanwältin für die New Yorker Staatsanwaltschaft und Buchautorin sowie Stacy Mitchell vom Institute for Local Self Reliance, die sich intensiv mit den negativen Auswirkungen der Marktmacht von Amazon auf kleine und mittelständische Unternehmen beschäftigt.
Debatte um Macht von Big Tech im Zentrum
Im Zentrum der Tagung stand die Macht von Big Tech, die derzeit besonders hervorsticht. Sie sorgt dafür, dass es weltweit wieder eine größere politische Debatte um Konzernmacht gibt. Die Öffentlichkeit ist sensibilisiert. Das ist eine Chance. Ob in den USA oder in Europa: überall gibt es erste zaghafte Versuche, die Macht der Internetplattformen zurückzudrängen. In den USA ist man schon einen Schritt weiter – dort hat eine Anti-Monopolbewegung erreicht, dass die US-Wettbewerbshüter versuchen, Internetplattformen zu zerschlagen.
Anstoß für eine europäische Anti-Monopolbewegung
Der transatlantische Austausch in Berlin hat Früchte getragen: Mit unserer Rebalancing Power Tagung Mitte Mai ist der Grundstein für eine Anti-Monopolbewegung in Europa gelegt. Zahlreiche Teilnehmer*innen bekundeten Interesse die wettbewerbspolitischen Impulse aus den USA in ihrer Arbeit aufzugreifen. Zum Abschluss der Tagung kam es zur Gründung eines europäischen Anti-Monopolnetzwerks. Klar ist, dass eine Bewegung nur dann erfolgreich sein wird, wenn sie international zusammenarbeitet. Klar ist auch, dass mit der Initialzündung der Tagung die Arbeit zum Aufbau einer neuen, konzernmachtkritischen Bewegung erst beginnt.
Dieser Beitrag ist in unserem Newsletter Schöpflins Schaufenster 02/2022 erschienen. Keine Ausgabe mehr verpassen? Hier geht es zur Newsletter-Anmeldung.