Foto: Cathrine Stukhard/Villa Schöpflin gGmbH
Die Villa Schöpflin ist überregional als Zentrum für Suchtprävention mit langjähriger Expertise bekannt. Sie ist mit ihrer Arbeit erfolgreich, weil neben motivierten Mitarbeiter*innen und Kooperationspartner*innen die Arbeit stets von einem hohen Maß an Verbindlichkeit und dem Streben, die bestmöglichen Resultate zu erzielen, geprägt ist. Zudem herrschte von Beginn an die Einstellung: Die Villa Schöpflin ist auch eine Art Werkstatt oder Labor, in der man ausprobiert und testet, aber auch scheitern darf. Dies war möglich, weil sich die Villa Schöpflin unter dem Dach der Schöpflin Stiftung als deren erste Einrichtung professionalisieren und kontinuierlich weiterentwickeln konnte. Die Stiftung ermöglichte die Entwicklung eigener Projekte und Programme außerhalb der kommunalen Förderungen, die zum Erfolg der Villa Schöpflin maßgeblich beigetragen haben. Hierzu zählt insbesondere das von der Villa Schöpflin vor fast 20 Jahren entwickelte Programm »HaLT – Hart am LimiT«, das inzwischen als bundesweit größtes Alkoholpräventionsprogramm in zahlreichen Standorten umgesetzt wird. Im Folgenden möchten wir dieses Programm näher vorstellen.
Das HaLT-Programm startete im Jahr 2002. Zu diesem Zeitpunkt kam die Problematik des exzessiven Trinkens bei Kindern und Jugendlichen auf, welches häufig zu Klinikeinweisungen aufgrund von Alkoholintoxikationen führt. Die Villa Schöpflin in Lörrach hat sehr schnell auf diesen gefährlichen Trend reagiert und sofort mit den relevanten Kooperationspartner*innen Kontakt aufgenommen. Dass ein solches Programm dann so zeitnah umgesetzt werden konnte, lag zum einen am richtigen Zeitpunkt, zum anderen war Lörrach aufgrund der bestehenden Strukturen und der Größe prädestiniert, HaLT einzuführen. Hinzu kam ein überaus engagiertes Team, das hoch motiviert und professionell Überzeugungsarbeit leistete und so in kurzer Zeit viele Partner*innen und Stakeholder gewinnen konnte.
Auf der fachlichen Ebene war die Kombination von Verhältnis- und Verhaltensprävention im HaLT-Programm ein Alleinstellungsmerkmal. Man reagierte nicht nur auf das Risikoverhalten der Kinder und Jugendlichen, sondern nahm auch die Verhältnisse systematisch ins Visier, die es Minderjährigen ermöglichen, überhaupt erst an Alkohol heranzukommen. Dafür sind in erster Linie Erwachsene verantwortlich, denn jede Flasche Alkohol, die ein Kind trinkt, geht durch die Hand eines Erwachsenen. HaLT war von Beginn an als kommunal verankertes Alkoholpräventionsprogramm gedacht und setzte als solches auf mehreren Ebenen an. Damit setzte es neue Standards.
Der Programmbereich HaLT-reaktiv (Verhaltensprävention) »reagiert«, wenn Kinder oder Jugendliche mit einer Alkoholintoxikation ins Krankenhaus eingeliefert werden. HaLT-reaktiv bietet Sofort-Hilfe für Jugendliche und ihre Eltern, d. h. Beratungsgespräche inner- und außerhalb des Krankenhauses und bei Bedarf die Überleitung in weiterführende Hilfen. Ziele sind die Reflexion der Geschehnisse und die Auseinandersetzung mit dem riskanten Alkoholkonsum und dessen Nachteilen, die Entwicklung von Strategien zur Verhinderung solcher Vorfälle und die Stärkung der persönlichen Eigenverantwortung. Der Programmbereich HaLT-proaktiv engagiert sich für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes und das vorbildliche Verhalten von Erwachsenen. Durch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit soll eine Kultur des Hinsehens gefördert werden. Bezüglich der Präventionsmaßnahmen bietet HaLT-proaktiv u.a. Schulungen und Workshops zum Thema Jugendschutz an (z. B. für Vereine, Schulen, Verkaufspersonal in der Gastronomie) und stellt Informationsmaterialien zur Verfügung.
HaLT wird mittlerweile in 14 Bundesländern an mehr als 150 Standorten umgesetzt. Mit dem Auftrag vom GKV-Bündnis für Gesundheit und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wird seit 2018 das Ziel verfolgt, HaLT inhaltlich und strukturell weiterzuentwickeln. Grundlage ist die von der Villa Schöpflin im Rahmen dieser Kooperation verfasste Rahmenkonzeption, die im Jahr 2019 zusammen mit dem Bundesnetzwerk und dem GKV-Bündnis/der BZgA fertiggestellt und veröffentlicht wurde.
Auf der fachlich inhaltlichen Ebene werden neben den bestehenden Maßnahmen neue Themen und Zielgruppen beschrieben. Ebenso stellt die Entwicklung und Umsetzung eines systematischen Qualitätsmanagements (QM) für alle Standorte von HaLT einen zentralen Aspekt der Weiterentwicklung dar. Strukturell wurde das HaLT-Programm dahingehend verändert, dass alle Maßnahmen in Module aufgeteilt und hinsichtlich ihrer Förderzuständigkeiten zueinander ins Verhältnis gesetzt wurden. Dies war notwendig, damit nun auch Maßnahmen von HaLT im Rahmen eines Förderverfahrens beim GKV-Bündnis für Gesundheit (über das Präventionsgesetzt) beantragt werden können. Dies stellt einen Meilenstein dar, denn eine Standortanalyse im Vorfeld hat gezeigt, dass die Praxis dringend Mittel vor Ort braucht, da zu wenig Ressourcen vorhanden sind.
Neben einer konstanten inhaltlichen Weiterentwicklung und der Implementierung von QM als festen Bestandteil in Verbindung mit einer Förderung der Standorte und Landeskoordinationen von HaLT ist das Programm auf dem Weg, sich strukturell noch fester in der Präventionslandschaft zu verankern und zeigt, wie es gelingen kann, gut funktionierende Programme gegen den Trend der Schnelllebigkeit zu wappnen.
Neben HaLT koordiniert die Villa Schöpflin weitere bundesweite Netzwerke an Programmen, die aus ihrer Feder stammen. Dazu zählen: »Max & Min@«, »Tom & Lisa« und »Cannabis – quo vadis?« In diesen Netzwerken sind hunderte Praktiker*innen in ständigem Austausch, weshalb man von lebendigen, lernenden Netzwerken sprechen kann. Dadurch entwickeln sich die Programme kontinuierlich weiter und passen sich den Trends und Bedarfen an, indem Wissen multipliziert und rückgekoppelt wird.
Ein Erfolgsfaktor der überregionalen Skalierung unserer Programme besteht darin, dass Präventionsfachkräfte, die über langjährige Erfahrungen in der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen verfügen, die bundesweiten Schulungen organisieren und moderieren. Ebenso lässt sich der Erfolg der Villa Schöpflin darauf zurückzuführen, dass sich ehrgeizige und motivierte Fachkräfte, Praktiker*innen und Institutionen zusammen stark machen und sich kontinuierlich vernetzen. Prävention ist eine gemeinschaftliche Aufgabe und nur so erfolgreich. Eins und eins macht eben mehr als zwei.
Weitere Informationen zur Villa Schöpflin und den Suchtpräventionsprogrammen unter:
Dieser Beitrag ist in unserem Newsletter »Schöpflins Schaufenster« Ausgabe 05/2020 erschienen.
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