Wir haben Sebastian Klein, Gründer von Karma Capital und Co-Initiator des Media Forward Fund gefragt, warum es Förderprogramme wie diesen Fund braucht und weshalb extremer Reichtum eine Gefährdung für die Demokratie darstellt.
Sie haben den Investment-Fonds »Karma Capital« gegründet und 90 Prozent Ihres Privatvermögens dafür bereitgestellt. Was hat Sie zu diesem Schritt bewegt?
Karma Capital ist ein Hybrid aus Gemeinnützigkeit und Verantwortungseigentum. D.h. ich habe mich von 90% meines Privatvermögens dauerhaft getrennt und hoffe, dass es nun durch Karma Capital möglichst positiv auf die Gesellschaft wirken kann. Warum ich das gemacht habe: Ich beobachte seit einigen Jahren mit großer Sorge die steigende Ungleichheit in Ländern wie Deutschland. Ich bin überzeugt davon, dass diese Ungleichheit das Potenzial hat, unsere ganze Gesellschaft zu sprengen. Die Vermögenskonzentration hierzulande ist ja unvorstellbar groß: Die Hälfte der Bevölkerung besitzt praktisch nichts, allein zwei Familien haben mehr, als 40 Millionen Menschen im Land zusammen besitzen. Nachdem ein Unternehmen, das ich gegründet hatte, verkauft wurde, war ich Teil dieses Problems, wollte aber lieber Teil der Lösung sein. Daher der Schritt, mich von 90% meines Privatvermögens zu trennen.
Mit dem Media Forward Fund, dessen Mitbegründer Sie sind, werden neue Geschäftsmodelle von Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz gefördert. Warum haben Sie sich für die Beteiligung an diesem Fund entschieden?
Neben der Ungleichheitskrise stecken wir ja auch in einer Demokratiekrise. Die hängt meiner Meinung nach auch damit zusammen, dass eine starke Demokratie auch starke Medien braucht. Wenn Menschen ihre Regierungen wählen, sollten sie idealerweise durch Journalismus, Wissenschaft und Fakten informiert werden. Und nicht durch Propaganda und Desinformation. Letzteres hat seit Aufkommen der sozialen Medien und der Aufmerksamkeits-Ökonomie leider stark zugenommen. Gleichzeitig haben die Tech-Giganten die Geschäftsmodelle journalistischer Medien zerstört. Es gibt viele gute Medienmacher*innen, aber die kommen kaum an Kapital, und oft fehlt auch Zugang zu Vermarktungs- und Geschäftsmodell-Know-how. Der MFF will ja genau diese Firmen stärken, ihnen Zugang zu Kapital und Know-how geben. Ich halte das für einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung unserer Demokratie, daher war ich auch sofort überzeugt, den Fonds mit Karma Capital mit zu initiieren.
In Ihrem neuen Buch schreiben Sie, dass wir extremen Reichtum unterschätzen – und wie sehr er die Demokratie gefährdet. Wo müsste die neue Bundesregierung ansetzen, um der »Ungleichheitskrise« in Deutschland wirksam entgegenzuwirken?
Was ich mit dem Buch erreichen möchte, ist zunächst mal, dass wir endlich das Problem in seiner Tragweite verstehen. In den USA sehen wir ja gerade sehr deutlich, dass extremer Reichtum die Demokratie zerstört. Ich möchte nicht, dass wir diesen Weg auch hier beschreiten. Dabei hat auch hierzulande die Ungleichheit längst dazu beigetragen, dass antidemokratische Kräfte wie die AfD so stark geworden sind. Wenn die nächste Regierung unsere Demokratie bewahren will, muss sie entsprechend die Ungleichheit verringern. Konkret bedeutet das: Wir müssen leistungsloses Einkommen, aus dem das meiste Vermögen ja stammt, endlich mindestens genauso besteuern wie Einkommen aus Arbeit. Das würde die Mitte entlasten und außerdem dazu führen, dass Menschen sich aus eigener Arbeit ein Vermögen aufbauen können. Das ist heute nämlich praktisch unmöglich, was unsere Wirtschaft auch viel weniger innovativ und dynamisch macht, als sie sein könnte. Ich bin überzeugt: Die Ungleichheit zu reduzieren, hätte für uns alle enorme Vorteile, übrigens auch für die Reichsten.