Luisa Neubauer, die bekannteste Stimme der deutschen Klimaschutzbewegung, war einen Tag nach der Bundestagswahl auf dem Schöpflin Campus in Lörrach zu Gast. Im Rahmen einer Kundgebung auf dem FABRIC-Gelände in Lörrach-Brombach sprach sie gemeinsam mit Jugendvertreter:innen von Organisationen wie »UNICEF Deutschland« und »Runder Tisch Klima Lörrach« vor rund 250 Menschen. In ihrer Rede rief sie die Anwesenden dazu auf, trotz der Wahlergebnisse weiterhin für besseren Klimaschutz einzutreten – ganz nach dem Motto: »Jetzt erst recht! Wir sind mehr, wir sind mächtig«.
Im anschließenden Gespräch im Werkraum Schöpflin, unserem Kultur- und Debattenort, gab sie Einblick in ihre Gedanken: Wie können wir auch in schwierigen Zeiten Mut aufbringen? Was inspiriert sie in ihrer Arbeit? Und was gibt ihr – und uns – Hoffnung?
Mit Mut gegen die Ohnmacht
»Mut ist eine Art Muskel«, antwortet Luisa Neubauer auf die Frage, wie sie es schaffe, sich nicht von Kritik entmutigen zu lassen und immer weiterzumachen. »Je öfter man ihn trainiert, desto leichter wird es.« Angst und Ohnmacht seien normale Gefühle – doch man dürfe sich davon nicht lähmen lassen. Auch Erschöpfung und Müdigkeit gehörten zum Aktivismus dazu und seien ein Zeichen dafür, dass man sich kümmert. In solchen Zeiten helfe ihr der Zusammenhalt und die Gemeinschaft in der Klimaschutzbewegung. Die Tatsache, dass Klimaschutz längst kein »linkes Nischenthema« mehr, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, zeige ihr, dass sie nicht allein ist und ihr Engagement Früchte trägt. »Mit jeder Demo sendest du Energie ins Universum – und Energie kommt auch zurück.«
Inspiration findet Luisa Neubauer vor allem im Austausch mit Aktivist:innen aus Ländern, in denen es viel schwieriger ist als in Deutschland, die Stimme zu erheben und zu protestieren. Von ihnen könne man lernen, wie man auch unter schwierigen Bedingungen weiterkämpft, so Luisa Neubauer. Auf keinen Fall dürfe man sich darauf ausruhen, dass man Recht habe. Es sei wichtig, den richtigen Zugang bei den Menschen zu finden und nicht nur auf Tatsachen zu beharren. »Man gewinnt nicht mit Fakten, sondern mit Geschichten.« Dafür müsse man auch seine Komfortzone verlassen.
Trotz Wahlergebnis: Klimaschutz bleibt eine zentrale Herausforderung
»Diese Wahl hat viele Geschichten geschrieben – manche schrecklich, manche schön«, resümierte Luisa Neubauer. Zwar ist der Klimaschutz im Wahlkampf kaum Thema gewesen, doch haben sich im Vorfeld der Wahl viele Akteur:innen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft klar für konsequenten Klimaschutz positioniert – ein Signal, das ihr Hoffnung gibt. Auch dass in Umfragen der Klimaschutz in fast allen Wählergruppen als wichtiges Thema angesehen wird, zeigt ihr: »Wir sind viele und wir sind mächtig.«
Die zunehmende Polarisierung von Themen durch Rechtspopulisten und -extreme hätten den Fokus des Wahlkampfs kurzsichtig auf Migration verschoben. Das bedeute allerdings nicht, dass in den kommenden Jahren Klimapolitik keine Rolle spielen werde. Auch wenn Friedrich Merz als Kanzler dem Klimaschutz weniger Priorität einräumen wolle, werde er dennoch ein »Klimakanzler« sein, sagte Luisa Neubauer. Er werde mit Klima-Katastrophenpolitik gefragt sein – ob er wolle oder nicht.
Bündnis »Together für Future« für ein starkes Netzwerk
In Zukunft will Luisa Neubauer mit »Fridays for Future« und anderen Klimabewegungen verstärkt für Gerechtigkeit in der Klimapolitik eintreten. Denn so, wie viele Klimaschutzmaßnahmen derzeit geplant seien, beispielsweise die Erhöhung des CO₂-Preises, träfen sie vor allem einkommensschwache Menschen – und würden soziale Ungleichheiten weiter verschärfen.
Um die Kräfte von Aktivist:innen und »For Future«-Gruppen zu vereinen und gemeinsames Handeln zu ermöglichen, hat Luisa Neubauer das Bündnis »Together for Future« ins Leben gerufen. Das großflächige Netzwerk aus über 50 Bundes- und 300 Ortsgruppen verbindet Aktivist:innen aus dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Seit April 2024 sind wir als Schöpflin Stiftung Förderpartner von »Together for Future«. Weitere Informationen dazu gibt es hier.